Indien-Jaipur,  Reisen

Indien – 3 Tage Jaipur

Vorsicht KURZ-Geschichte!

Indien 11.-14. Mai 2018

Auf zum ersten Listen-Checkpoint: Indien-Jaipur

Anschließend an meine letzten Worte noch direkt aus Sri Lanka… NEIN!
Ich vermisse nichts. Viel zu neugierig, wenn gar gierig, bin ich auf das echte pure Leben da draußen.

Mein Main-World-Travel-Plan ist es, an verschiedenen Orten dieser Welt Freunde oder Bekannte zu besuchen. Wie leichtfertig sagen die Menschen: „Yeah… komm mich besuchen!“ Ich mach das einfach mal.
Es scheint mir eine gute Möglichkeit zu sein, die lokale echte Welt zu sehen. Es bietet einen ersten Anlaufpunkt und meist bleiben interessante Insidertipps nicht aus. Noch nicht jeder weiß von seinem Glück. Ich klingel eines Tages einfach an der Tür.

Unter anderem steht Indien auf dieser Reiseliste. Dort wollte ich ursprünglich Jana meine liebe Freundin und Ex-Chefin, mit einer zünftigen Leberwurst oder sowas in der Art in ihrem neuen Heim überraschen. Aber so wirklich wusste ich, um sie für ein paar Tage zu erwischen, muss man spontan, flexibel und genügsam sein. 3 Tage gemeinsam zu reisen, grenzt an Luxus und großes Glück. Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Die verbleibenden Tage in Indien sind gezählt. Business goes on. Entweder jetzt oder nie. Schnell war ein Plan geschmiedet, wenn ich doch schon in der Nähe bin. Es gab ausschließlich ein Wochenende zur Auswahl. Mein Geburtstagswochenende! Wie perfekt. Dieses Jubiläum wollte ich eh etwas besonderes unternehmen, warum nicht ein langes Wochenende in Indien?

Die örtlichen Begebenheiten, auf Grund von Wahlen in dem Bundesstaat, machen einen Besuch ihrer neuen Heimat eher sinnlos, so steht nach meinen gewünschten Kriterien auserwählt „The Pink City -Jaipur“ auf den Flugtickets. Echtes Leben, ein bisschen Kultur, ein bisschen Trubel, ein bisschen Natur und einfach ein bisschen India-Feeling. Die Tickets sind gebucht, das Visum wird umgehend geordert, schließlich dauert die Bearbeitung ein paar Tage, wenn nicht Wochen. Online-Kosten 85€. Ob für 6 Monate oder 3 Tage macht dabei keinen Unterschied. Was kostet die Welt.

Von Colombo geht’s nach Bangalore. Mein Gepäck lasse ich vor Ort, da es grundlegend, sowie zeitlich und kostentechnisch keinen Sinn macht, für 3 Tage mit großem Gepäck zu reisen.
Entgegen diverser Informationen zu Schließfächer-Optionen am Flughafen in Colombo, finde ich letztendlich eine Möglichkeit meinen Koffer für 4 Tage seinem Schicksal zu überlassen.
Da nur abgeschlossenes Gepäck angenommen wird, muss ich auf die schnelle noch 2 Schlösser auftreiben. Zum Glück gibt es diese zum schmalen Kurs (5€ Stck) im Flughafen, auch wenn ich so aufwendigerweise mit allem Kladderadatsch durch diverse Security erst rein und dann natürlich auch wieder raus muss.
Kosten: 100 SriLanka Rupien am Tag, macht 2€ für 4 Tage. Mir entweicht eine große Last, alles unter Dach und Fach zu wissen. Da ist es mir glatt egal, dass sie mir am Ende 5 Tage berechnen, weil ich das Gepäck erst am 5. Kalendertag um 01:30 Uhr nachts abhole.

Auf nach Bangalore! Dort treffen wir uns am Flughafen, genau genommen, erst am Gate. Knall vor Peng… wie in alten Zeiten. Welch eine Freude. Wir liegen uns in den Armen und feixen über unseren verrückten Plan. Jana hat vor Ort alles organisiert, Dank ihrer geschäftlichen Kontakte in Jaipur. Auch über die dort präsenten 45-47°C hat sie mich informiert.
Puh… wie ein Feuerball weht uns bei Ankunft in Jaipur schon an der Flugzeugtür die heiße Luft entgegen. Das wird ein Spass. Der Fahrer unseres Luxushotel empfängt uns am Flughafen, allerdings ohne Kapelle und roten Teppich. Versteh ich gar nicht. Wir sind es doch!¿
Schon der relativ kurze Weg vom Flughafen ist aufregend für mich kleinen Hinterweltler. Es ist bereits dunkel, so wirken die Lichter der Stadt für sich. Die Temperatur, die vielen Menschen, die Armut, die einem sofort ins Auge fällt, die fliegenden Händler, die sich durch den Stau schlängeln, der Verkehr mit seinem niemals enden wollenden Hupkonzert…
Eigentlich sollte ich zum einen geübt sein, schließlich ist sich hupend voran zuschieben in vielen bereits bereisten Ländern Gang und Gebe, und in einem gewissen Grad hätte man von mir vielleicht eine tiefenentspannte Gelassenheit erwartet. Aber dieses Gehupe stresst mich unterschwellig. Es geht doch sowieso keinen Meter voran.
Hupen hat in all diesen Ländern eine völlig andere Bedeutung als in Deutschland, vielleicht sogar in den meisten Teilen Europas. Ich weiß das und trotzdem hat es diese Message von Ungeduld und Wichtigtuerei, da fällt es mir wirklich schwer. Ich will es einfach nicht verstehen, und muss es so stetig kommentieren, schließlich bin ich total gechillt und nicht in Eile. Also einfach abwarten. In Ruhe…

Jana ist einer Hotelempfehlung gefolgt, dessen Internetauftritt allerdings eher wenig hermacht. Ein großer Pool und ich meine einen wirklich großen Pool konnte ich auf den Fotos entdecken, sonst waren die Bilder eher nicht sonderlich aussagekräftig. Umso mehr wirkte der erste Schritt in die Lobby. WOW!!!  Riesig, geschmackvoll, kühl, dennoch einladend, außergewöhnlich, belebt, aber gediegen, total chick, mit duftendem Flair und Charme. Willkommen „ZuHause“… hier ziehe ich ein.
Schon fast ein wenig beschämend in einer solchen Luxushütte… ich schwanke, nur ganz kurz, aber der Punkt geht ganz klar an das ITC Rajputana Jaipur Hotel.
Während ich staunend und schwärmend mich umschaute, checkt Jana ein und wie aus Zauberhand wird aus unserem Doppelzimmer eine Suite. Meilen und Statuspunkte zu sammeln, zahlt sich eben aus. Wir beziehen unser neues Domizil, richten uns ein und verleben einen zauberhaft geschwätzigen Abend am Pool, mit einer kleinen indischen Hochzeit im Hintergrund und im Austausch aufregender Geschichten der vergangenen 1,5 Jahre. Wahnsinn, wie lange wir uns nicht gesehen haben. Wir ordern eine Flasche Wein, man kann diese ja gegebenenfalls morgen weiter trinken. Was für ein unsinniger Gedanke.
Wer sich eine laue Sommernacht an einer Poolbar vorstellt, mit leichtem Lüftchen, ist weit gefehlt. Es hat sicher selbst nachts noch 35°C und auch wenn die Ventilatoren fleißig vor sich hin leiern, ist von Brise nicht viel zu spüren. Nach einer Flasche und 2 Gläsern fallen wir um 2 Uhr in unser angenehm temperiertes Bett und ich in einen tiefen Schlaf. Welch Wonne und keinerlei Mosquitos weit und breit.

3 Tage Indien! Was schaut man sich da am besten an? Das Internet liefert uns unsere Sightseeing Ziele. Der Fahrer holt uns am Morgen ab und sortiert je nach Lage unsere Tagesroute. Wir packen uns die 3 Tage nicht zu voll, schließlich wollen wir genießen und uns einen gewissen Spielraum für Spontanes lassen.
Auf dem Weg zum 1. Stop: Dem City Palace, das Gebäude, wo noch heute die königliche Familie residiert, kommen wir direkt am für mich bekanntestem Gebäude Jaipurs vorbei. Dem Hawa Mahal, dem Palast der Winde. Wie aus dem Nichts reiht es sich urplötzlich ein, in mitten der anderen Fassaden. Direkt an der Straße und es ist fasst unmöglich das komplette Gebäude für ein Foto in den Fokus zu zoomen. Laut Wikipedia wird es auch das Lustschloss genannt und verkörpert den verschwenderischen Lebensstil des Fürsten. Es wurde erbaut in 1799 und gehört auch zum riesigen Stadtpalast. Am City Palace angekommen, lasse ich mich von Jana zu einer privaten Führung durch die privaten Gemächer der königlichen Familie überzeugen. Ich bin häufig zu meinem nachträglichen Ärgernis zu geizig für solche Extras. Wir biegen inklusive Tourguide ab und entfernen uns von der übrigen Touristenmenge. Von Masse kann man nicht sprechen. Auf Grund der extremen Temperaturen sind eher wenige Besucher in der Stadt unterwegs. Hinter der bewachten Pforte besichtigen wir Ess- und Wohnzimmer, Räumlichkeiten für Feste, verschiedene Salons sowie das ehemalige Schlafgemach, in dem es keine Beleuchtung gibt. Ausschließlich Kerzen und verspiegelte Mosaikwände, wodurch die gewünschte Reflexion für entsprechende Stimmung sorgt. Obwohl es schon den Hauch des Charmes eines staubigen Museums versprüht, spüre ich die besonders königliche Privatsphäre, während wir durch die glamourösen „4 Wände“  über 4 Etagen streunen. Abschließend mit einem überwältigendem 360° Ausblick über die ganze Stadt und einem Einkehrschwung ins Partygemach der königlichen Familie.

Weiter geht’s zum Jaigarh Fort und zum Narhargarh Fort nur unweit voneinander entfernt, vorbei am Jal Mahal, einem nicht zugänglichen Wasserpalast. Wunderschön unberührt schwimmt dieser, im Stausee Man Sagar Lake. Schon alleine der Anblick des Sees ist sehr unreal und einer der Touristenmagnete der Stadt.

Auf in die Höhe. Die Aussicht auf beiden Forts ist atemberaubend. Die Temperaturen sind heiß und für ein Foto kurz auf einem Stein sitzend posieren, erfordert einiges an Selbstbeherrschung. Quasi wie barfuss über glühende Kohle laufen. Hat doch jeder schon mal gemacht, oder? Ich frage mich einmal mehr, wie die Menschen seiner Zeit, ohne die heutigen Möglichkeiten, solche Bauwerke erschaffen konnten. Für mein Bewusstsein schlichtweg unvorstellbar.
Alles wartet auf die Rain-Saison ~ab Juli. Die glühende Trockenheit dörrt alles aus, wie man auch auf den Bildern schwer erkennt, blüht quasi nix um uns herum. Laut dem Travelguide ändert sich der Anblick um 180° während und nach der kurzen, aber intensiven Regenzeit.
Es entstehen traumhafte Bilder, inklusive ersehntem Sonnenuntergang von weit oben mit Blick auf die Stadt auf den wir allerdings vor Ort lange warten mussten. „Zum Glück hatten wir Glück“ und die Sonne ist erst kurz vorm Horizont im Dunst verschwunden.

Auch wir hättet unterwegs gut ein Business eröffnen können. Blonde Menschen sind hier ein beliebtes Fotomotiv und wenn sich erst einer getraut zu fragen, trauen sich alle und wollen ein Andenken für die Familie zu Hause. Und da ist dann auch EIN Gruppenfoto, mit allen drauf, nicht genug. Es ist immer wieder befremdlich teilweise doch ziemlich plum und erschreckend direkt „angemacht“ zu werden. Die erste Schrecksekunde bin ich fast versucht Feuer zu spucken, aber es ist im Prinzip nie eine Anmache in dem verwerflichen Sinn, sondern so bringen sie eher ihre Neugierde zum Ausdruck. Also lächeln, nett sein und artig Fragen beantworten. Sollten wir eines Tages gemeinsam bei einem Glas Wein zusammen sitzen, führe ich gerne die absurdeste, nennen wir es „Anmache“ vor.
Zurück in unserer bescheidenden Bleibe gönnen wir uns das Buffet des 24h Restaurants und erlaben uns an diversen indischen Köstlichkeiten. Wo ich doch indisch eigentlich gar nicht mag, hat es mir ausgezeichnet gemundet. Erschöpft und müde kehren wir erneut in der Poolbar ein, schließlich müssen wir ja auf meinen baldigen ehrenwerten Geburtstag anstoßen. In Ermangelung an diensthabendem Personal scheitert die Versorgung kurz vor Null und ich stoße mit geschnorrter selfmade Lemon-Limonade (ungesüsst) auf mein bitteres Jubiläum an. Happy Birthday to me!

In Indien, zumindest in Jaipur, ähnlich wie aus Thailand an jeder Ecke bekannt, einen Beauty-SPA-Salon zu entdecken, scheitert kläglich. So darf es dann eben, für die ach so geizige Dame, dass Beautyprogramm unseres hochgelobten Hotel-SPA-Bereichs sein. Was kost‘ die Welt again. Nur das Beste für mich!

Zum Frühstück gab es gaaaanz ÜBERRASCHEND eine kleine weiße sehr hübsche Happy Birthday-Torte. Die Kellner hatten irgendwie ihre eigene Idee, wann sie diese überreichen, so dass wir eigentlich längst auf dem Sprung waren zum Beautytermin. Frisch aufpoliert geht es erneut in die City auf einen auch von Einheimischen beliebten Bazar.
Ich will das gar nicht weiter ausschmücken. Es ist nicht meine Welt. Dieses Verhältnis Händler-Tourist vs Tourist-Händler behagt mir nicht. Man bleibt freundlich, sagt Nein und damit ist es einfach nie genug. Die Verärgerung und Enttäuschung in ihren Gesichtern, das eigene Unwohlgefühl… bis zu einem gewissen Grad witzig und äußerst amüsant. Insbesondere wenn man zu aller Erstaunen in Gesellschaft eines blonden India-Locals um die Häuser zieht. Aber irgendwann gewinnt der Drache in mir Überhand… I don‘t like!

Also ab in eine zivilisierte große Shopping Mall und schau einer an… so gut wie niemand interessiert sich für uns. Es ist angenehm klimatisiert und wir finden, was wir gesucht oder auch nicht gesucht haben. In dem EinkaufsCenter wird eine illustre Happy Mothersday-Party veranstaltet mit lautem Ramba Zamba… So fühl ich mich doch wohl. Ich staune selbst, bin ich doch so gar kein Mall-Typ.
Aber in der Not 😉
Schön, dass nicht alle Inder so verrückt sind, wie die Gang in dieser Bazar-Hood.


Gleicher Ort, neues Szenario:
Stell Dir vor, Du hast noch nie in Deinem Leben eine Rolltreppe gesehen, geschweige denn auf einer gestanden. Ich kann mich nicht einmal annähernd an meinen ersten Rolltreppen-Trip erinnern.
Gab es sowas im Osten? Wenn ja, bitte wo?

Eine ganze Familie hüpft aufgeregt vor der ersten Stufe vor und zurück. Kleine Kinder, große Kinder, die Mamas und auch Omas. Ignorant, wie ich manchmal durch die Gegend laufe, wäre mir das Schauspiel gar nicht aufgefallen, aber Jana hat schon häufiger den Lotsen gespielt und die Situation sofort identifiziert. Also schnappen wir uns ein kicherndes Kind und eine ängstliche Tante und bieten Geleitschutz. Jeden Tag eine gute Tat. Ob letztendlich alle heil unten angekommen sind und ob sie es auch wieder hoch geschafft haben, ist der Redaktion bis heute nicht bekannt.

Pünktlich zur Happy Hour erreichen wir unsere „Pension“. In unserem Package ist die Barkarte & Snacks für 2h (18-20 oder 17-19?) zum Abschuss freigegeben. Das haben wir gestern schon verpasst, verdammt… auch heute ist die Zeit knapp, noch in der sehr ansprechend hergerichteten Hotel-Bar einen Pre-Aperitif zu nehmen. Da das Geburtstagsdinner ruft, nehmen wir uns gierig einen Caipiroschka inkl. Delikatesshäppchen mit auf‘s Zimmer. Kost ja nix und schließlich hab ich Geburtstag.
Kurz frischgemacht und aufgehübscht düsen wir pünktlich los, um dann doch fast eine Stunde zu spät zu kommen. Der Präsident ist in der Stadt. So gibt es einige unvorhersehbare Straßensperren, die ihr Chaos zum Chaos mit sich bringen. Da aber alle Beteiligten das gleiche Schicksal ereilt, sind wir dennoch die ersten im Chokhi Dhani. Ein sehr beliebter Ort auch für Einheimische, um hier einen besonderen Abend zu verbringen. Es ist ein Zusammenspiel zwischen Zirkus, Jahrmarkt und Restaurantbesuch. Man zahlt je nach Restaurantauswahl einen All inklusive Preis und bekommt rund um das Dinner im gesamten Areal bunte Attraktionen geboten. Kamel- und Elefantreiten, Zauberer, Tänzer, Artisten, Handlesen, Henna-Malereien, Fancy Spielereien für Kinder, Eis hier, Getränke da, Skulpturenpark, der gruselige Mythen erzählt, mit Wasserfall und tiefem Brunnen, war es ein Brunnen? Eine Brücke? Jedenfalls haben sich etliche Jungfrauen lieber gemeinsam in den Tod gestürzt, als dem einstigen Herrschers Frau zu sein. (Mehrere Frauen sind möglich, selbstverständlich). Auf Bildern und Videos auf Youtube erhält man einen Einblick bei Tageslicht von der Event-Location. Die fortgeschrittene Uhrzeit, wie auch  die Dunkelheit und die eher überschaubaren Schaulustigen, ließen das Event nicht ganz so bunt wirken, wie ursprünglich vorgesehen. 22 Uhr wurde für uns als Dinnerzeit vorgesehen und so fanden wir uns am vorab gewählten Lokal ein. Ich habe keine genaue Ahnung, was da alles auf meinem „Teller“ kredenzt wurde. Es war wirklich fast alles ausgesprochen lecker und ich habe die enorme Schärfe so ziemlich jeder Schale sehr bedauert. Aber man bekommt das Essen halt einfach hingestellt. Ob man eine Wahl gehabt hätte, weiß ich gar nicht, es wurde für mich bestellt… Brand wie eine abgemühte Bergziege… gab es Wasser und Buttermilch. BUTTERMILCH! Im Zinnbecher. Happy Birthday to me again! Für mich ein Wasser bitte. Ich habe sie probiert, die Buttermilch! Aber nein… ich hatte an etwas anderes mit Geschmack gedacht.

Die Atmosphäre in unserem Lokal ist anders als gewöhnlich. Alle Tische sind im O aufgestellt und die Gäste schauen aus weiter Entfernung zueinander. Wir kamen zu viert und saßen somit in einer Reihe. Ob das jetzt so typisch indisch ist oder zum Eventerlebnis gehört, habe ich nicht in Erfahrung gebracht. Wir hätten auch ein Restaurant wählen können, wo auf dem Boden gesessen wird, allerdings unklimatisiert.
Ist es das Alter oder die Hitze? Bettschwere legt sich mir in den Körper. Dabei sind wir noch mitten drin im Jubeltrubel.  Irgendwie ist die Luft raus. Ich könnte auf der Stelle schlafen.
Zum traditionellen Ausklang werde ich in ein Ritual eingeweiht. Die vorab bereits aufgeschnappten Infos dazu, ließen nichts Gutes verheißen. Aber ich mache ja echt jeden Scheiß mit, auch wenn ich mich gerne kurz betteln lasse… Also „Absacker“ bitte sehr. Meetha Paan nennt es sich, oder auch Betel Leaf.  Man reicht mir vor den Türen des Chokhi Dhanis ein Bündel, welches ich in einem Happs in den Mund nehmen soll. Oh mein Gott! Ich kann es nicht beschreiben und mich auch irgendwie kaum noch daran erinnern. Sehr geschmacksintensiv, ähnlich wie Duftstäbchen, mit leicht betäubender Wirkung. Zur Freude aller die es mögen, wird es über Minuten auch immer mehr im Mund. Der Blick in mein Gesicht schien sehr aussagekräftig gewesen zu sein. Alle boten mir an, ich könnte es auch ausspucken. Ha…. soweit kommt‘s noch. Hier wird gekämpft bis zum Ende!
Zum krönenden Abschluss gibt es noch Geschenke! Hilfe… ich war kurz hin und hergerissen zwischen heulen und freuen. Was für eine liebe Geste. 5 knallbunte aus Holz geschnitzte Musikanten. Man bemerke, Handgepäck und kein zu Hause mehr. Nach kurzer Überforderung und einem Gewissensk(r)ampf stehen nun 2 davon ganz dekorativ in meiner Wohnung und 3 sind in Bangalore das letzte mal gesichtet worden.

Am Montag hatten wir noch einen knappen halben Tag, an dem zeitlich keine großen Sprünge möglich waren. So viele wunderschöne Gebäude haben wir auf unseren Streifzügen durch die Stadt immer wieder bewundert, unteranderem den HinduTempel Birla Mandir. Da dieser relativ nahe und günstig zu erreichen war, stoppen wir kurz für eine fotolose Besichtigung. Auch wenn die strengen Verbotsschilder meist ignoriert werden und dem Selfiewahn erliegen, können wir Deutschen das ja ziemlich gut, uns an Regeln halten. Der Besuch war sogar noch kürzer als geplant, plötzlich scheuchte ein Offizieller die Meute vom Hof und schließt das Gebäude.
Schade, auf diesem weißen Marmor hätte ich gern noch einen längeren Moment innegehalten.

Nächster Stopp SUPERMARKT. Jana hatte noch etwas zu besorgen und ich liebe es in großen lokalen Supermärkten rumzustöbern. Gar nicht zwingend mit dem Bedürfnis mich eindecken zu wollen, sondern einfach, um einen weiteren Einblick in das jeweile Land und das echte Leben zu bekommen. Preise und Angebote begutachten, welche Obst- und Gemüsesorten gibt es an der Theke, welches Fleisch gibt es frisch, was ist lokal oder wird importiert? Was kostet ein Liter Milch oder ein Stück echte Butter? Auch etwas, das sehr hilfreich ist, sich unseres reichen Lebens in Deutschland wieder einmal mehr bewusst zu sein. Ich habe Milch und Butter, diverse Kosmetikartikel, Fleisch und Wurstwaren noch nie irgendwo günstiger gesehen, als bei uns in Deutschland. Ebenso der Alkohol. Zumindest was Bier, Wein, Sekt und Fuselalkohol angeht. Jetzt war ich nicht in jedem bereisten Land in der Nähe eines großen Supermarktes, aber ich würde es auf eine kleine Challenge ankommen lassen.

Ein großer Supermarkt in Indien ist anders. Klein, nicht klimatisiert, nicht pompös, eher eng, nicht in neon ausgeleuchtet. Das Angebot ist begrenzt. Eigentlich gar nicht so verkehrt. Muss immer alles im Überfluss da sein? An der einen geöffneten Kasse stehen wir ewig. Aber keine Eile. An jeder Ecke sitzt irgendeiner mit einer Sonderaufgabe, sei es um 5m hinter der Kasse noch mal zu kontrollieren, ob wir denn auch wirklich einen Kassenbon beim verlassen des Supermarktes vorweisen können, für unseren vollen Korb.

Letzter Stopp: Henna für mich. Warum auch nicht. Ich habe zwar Angst, dass die Farbe quietschorange bleibt, aber traue mich trotzdem. Unser Fahrer fährt querfeldein und führt uns schlussendlich ins Untergeschoss einer Mall. In mitten von Bauarbeiten, aber immerhin auf rotem Teppich werkelt ein Hennakünstler. Ich suche mir ein Motiv aus, er unterbricht sein aktuelles Projekt und nach kurzem Blick auf die Vorlage legt er los. Kaum 10 min später bin ich fertig. Es ist mit ganz viel Fantasie eine Ähnlichkeit mit dem auserwählten Motiv zu erahnen. Ich buchsiere mein Gemälde ins Hotel. Gar nicht mal so einfach, nicht anzuecken oder zu verschmieren. Trotz sehr aufmerksamer Assistentin gelingt es nicht ganz unbeschadet. Die Farbe trocknet und fängt nach einer guten Stunde an langsam abzubröseln. Ich bleibe skeptisch, was das Endergebnis betrifft. Zu recht. Aber ich bin halt ein dummer nichts ahnender Tourist. An einem Spot für Locals, wird nicht erklärt, wie Henna funktioniert. Weiß ja jeder. Und eine Stunde trocknen lassen, ist nicht genug. Auch Google half nur schwerfällig. Man muss es 24h einölen und geschützt halten. Zu spät und eher unpraktisch auf der Rückreise.

Wenn ich nicht weiß, was auf mich zu kommt, es demnach auch nicht kontrollieren und beeinflussen kann, steigt regelmäßig meine innere Anspannung. Bin ich allein unterwegs, kompensiere ich das aus der Not heraus, reise ich in Begleitung mutiere ich leicht zum Nervenbündel. Plötzlich ist meine Bordkarte weg, ist mir ja auch noch nie passiert. Nu denn…

Von Jaipur nach Chennai, von  Chennai nach Colombo. Dort wieder durch die Immigration ins Land einreisen, Koffer abholen und wieder ausreisen. So ist mein Sri Lanka Visum auch aufgebraucht. Von Colombo über Doha nach München und von dort mit dem Zug nach Potsdam. Angepeilte Ankunftszeit ca 19 Uhr. Vielleicht 20 Uhr. Anschlussflug auf Grund verspäteter Ankunft in Doha verpasst, werde ich ohne Chance auf Einspruch über Vienna nach München geschickt. In Wien werden einige Erinnerungen wach. Hier habe ich auch schon so viele Stunden verbracht, während meiner Einsätze in Rumänien. Allerdings war ich damals noch prädestiniert meine Zeit in den Business Lounges abzuhängen. Die Zeiten sind nun vorbei, bzw. kann ich mir einfach Lufthansa privat nicht leisten.

Auch wenn ich 4h später „Zu Hause“ ankomme, die Zugfahrt inkl. WiFi sehr angenehm verlief, ich fix und fertig bin von dem Trip, überkommt mich ein besonderes Kribbeln wieder in Potsdam zu sein. Ich komme ein wirklich letztes Mal „Nach Hause“. Mit der Straßenbahn, an der Fachhochschule vorbei, am Platz der Einheit, durch das Nauener Tor, das Laguna rechts, das Rathaus links. Der ganze Weg vom Bahnhof ist MEINE Straße!!! Das Bewusstsein nun die wirklich letzte Nacht in meiner geliebten Wohnung zu verbringen, benebelt meine Sinne.
Der Komplex gegenüber ist gewachsen. Nun sind wir auf Augenhöhe… Fremd aber nicht befremdlich.

Da war ich nun also in Indien.
Wie fühlt sich das an?
Aktuell eher nach, ich hab diesen Stempel im Reisepass, hab viel gesehen, viel fotografiert. Eine beeindruckende Stadt mit beeindruckenden Fassaden, auch wenn diese schon stark in Mitleidenschaft geraten sind. Eindrucksvolle Momente und im Prinzip habe ich noch immer keine Ahnung von Indien. Mal schauen, ob ich es auf anderen Wegen nochmal wage dieses Land zu bereisen.

Besonnen und erschöpft falle ich, eingekuschelt in einen wonnigen Dornröschenschlaf!

Ein Kommentar

  • Jana Lehmann

    Ich bin dir so dankbar über deine Berichte. Natürlich im Allgemeinen, damit ich dir folgen kann, aber im Besonderen über diesen. So schöne Erinnerungen!!! Auch wenn es nur kurz war, es war sooooo toll dich wieder zu sehen. Passt immer noch wie Arsch auf Eimer! Wie früher. Drück dich Kleene! ?

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