Holbox,  Mexiko,  Reisen

Holbox – Die etwas andere Insel

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Langsam ist es wohl an der Zeit, Euch mal ein echtes Lebenszeichen zu senden.

Kinder wie die Zeit vergeht.
Was soll ich Euch sagen?
Die letzten Tage und Wochen sind verflogen. Ich war gut beschäftigt mit dem berühmten Nichts Tun und fühlte mich glatt in meine noch immer präsente Arbeitswelt versetzt. Ständig kommt einem irgendwas oder irgendwer dazwischen. Kein Wunder, dass ich mit dem Nichts Tun einfach nicht fertig werde. Vielleicht muss ich da wirklich meine alltäglichen Prioritäten einmal überdenken.

Seit exakt 4 Wochen, bin ich nun in Mexico.
En la Isla Holbox con mi amiga Steffi.

Aber von Anfang an:
Wahrhaftig bringt mich mein Flug von Berlin über Köln direkt und ohne Zicken oder sonstige Auffälligkeiten nach Cancun. Noch in Berlin machte es erst nicht ganz den reibungslosen Eindruck, aber unser kleiner Stadtflughafen wusste den nächtlichen Ansturm und die nie erlebten endlosen Schlangen morgens 4:30 Uhr gut zu händeln. Schade, dass ich beim Check in erfahre, ich hätte wegen des Vielflieger-Status immer noch die PriorityLane nutzen dürfen und mir so das ewige Anstehen erspart. Was mich wundert, ist mein Status doch längst eine Geschichte vergangener Tage. So what…
Als ich unverhofft meine Mom und meine Omi zu dieser unmenschlichen Uhrzeit am Flughafen entdecke, kann ich meine Emotionen nicht zurück halten. Dicke Tränen tiefer Berührung verschaffen sich Freigang. Noch nie hat mich auf einer meiner unzähligen weiten langen Reisen irgendwer am Flughafen verabschiedet und mir bis zur letzten möglichen Sekunde an der Security noch hinterher gewunken. Und sie haben selbst dem Flieger beim Abheben noch blind ein Adieu hinterhergeschickt. Da bin ich zutiefst gerührt und glatt beschämt, wenn auch unwissend, nicht zurück gewunken zu haben.

In Cancun, überpünktlich gelandet, schüttet es aus vollen Kräften zur Begrüßung. Der mit Steffi gebuchte private Shuttle bringt mich in großzügigen 2h nach Chiquila, zur Fähre Richtung Holbox, wo pünktlich zum dortigen Sonnenuntergang, sich auch der Regen eingestellt hat. Knapp 25 Minuten Überfahrt und ich betrete mein nun vorübergehendes neues Zuhause.
Steffi empfängt mich in Gummistiefeln und erhascht ganz local like eins der zwei wartenden Taxis.
Auch wenn die Fähre nicht voll besetzt war, Bedarf für mindestens weitere 10 Taxis hat es gegeben, um die neu angereisten Gäste zu ihren Ferienzielen zu bringen.
Aber gut, ein bekanntes Problem, wie mich Steffi unterrichtet. Es sind auch keine Taxis im üblichen Sinn. Ein taxi-gelb bemaltes GolfCaddy mit Kofferladefläche. Warum habe ich eigentlich kein Foto gemacht? Sehr besonders 🙂

In ihrer liebevoll eingerichteten Wohnung angekommen, fühle ich mich sofort wohl. Und ihre 2 adoptierten Katzen schließe ich auch gleich ins Herz. Ach was sind die 2 noch klein und frech natürlich.
Am ersten Abend ist gleich full house und ich treffe direkt eine Handvoll ihrer Freunde. Ein offenes fröhliches Hallo schallt mir entgegen und ich fühle mich sehr Willkommen.
Alles wartet freudig auf den großen Sturm, der für den Abend angesagt war. Aber außer 30 Sekunden Platzregen und ein bisschen Wind ereilt uns nichts.

In den kommenden Tagen lerne ich wahnsinnig viele Menschen kennen, bzw. werde ich gefühlt diversen Inselbewohnern aus aller Herren Länder vorgestellt.
Die Neue im Paradies, der kleinen Sandbank, wo jeder jeden kennt. Die immer wiederkehrende Frage: Zu Besuch? Auf Urlaub? Wie lang bleibst Du? Ich weiß es nicht, aktuelle Adresse ist Holbox. Mehr Informationen kann ich nicht bieten. Steffi hingegen sieht das ziemlich eindeutig und kommentiert „für immer“. Nun ja… We will see.

Ich lerne, wo man frühstücken geht, wo es die besten und schnellsten Tacos gibt, wo vegane oder vegetarische Küche (welch unnötige Information), welcher Supermarkt für welche Produkte empfohlen ist und dass es dennoch Glück bedarf, um zu bekommen, was man braucht, oder eher sucht. Man lernt schnell, dass man weitaus weniger wirklich braucht, als gedacht. Wo ist der alltägliche Sunset-Place 2 be und in welcher Reihenfolge zur High Saison das Nachtleben von Lokal zu Lokal wandert.

Ich treffe am Montagmittag überraschend zum Lunch in einem der neueröffneten Healthy-Lokale meine Spanisch-Lehrerin Juliana persönlich.
Ich hatte bereits im Sommer mit ihr über ihre professionell erstellte Homepage der Spanish-School Holbox Kontakt aufgenommen. Die Seite vermittelte mir den Eindruck, als gäbe es eine echte Schule, verschiedene Optionen und auch mehrere Lehrer vor Ort. Nein! Sie ist die einzige, die aktuell ausgebildet als Spanisch- und Englischlehrerin praktiziert. Und ihre Tage auf der Insel sind gezählt, da sie sich entschieden hat, nach über 5 Jahren zurück in ihre Heimat Buenos Aires zu gehen.
Uns bleiben kaum 3 Wochen.
Da aktuell keine Spanisch-Anfängerklasse zusammen kommt, bleibt mir als einzige „Wahl“, Privatunterricht zu buchen. Ich akzeptiere mit knirschenden Zähnen.
Es macht für mein anvisiertes Budget einen immensen Unterschied, ob ich für eine Woche 154US$ oder 240US$ verprasse. Und ich mag mich täuschen, aber ich meine, ein Gruppe von 3 Personen bringt mir persönlich mehr Lernerfolg ein. Aber ich habe keine Wahl. Donnerstag 10 Uhr geht‘s los.

Nicht etwa in einem festen Schulgebäude… wir treffen uns in einem Lokal, open Air am Plaza von Holbox. Das Los Peleones öffnet erst um 16 Uhr, so ist es eine geeignete Location für unseren nun täglichen Unterricht.
Ich hatte bereits ein paar Tage vor meiner Abreise in Babbel investiert. Hätte ich viel früher machen sollen. Aber obwohl es immer heißt, Babbel kinderleicht und „kostenlos“ eine Sprache lernen… ist es das eben nicht. Nun gut… in dem Kostenlos-Ausflug lernt man: Gracias, buenos dias, adios y hasta pronto. Großartig.
Meine Grundlagen beschränken sich so ziemlich auf genau diese Vokabeln. Cafe con Leche fällt mir noch ein und natürlich Cerveza. Ich, als allseits bekannter Bierfreund.

Da sitze ich nun jeden Tag im Unterricht, habe das Paradies vor Augen und lerne fleißig spanisch. Anstelle der ursprünglich im Privatunterricht anvisierten 2h täglich, verbringen wir nicht selten knapp 4h.
Aber unterm Strich ist unsere Kommunikation primär englisch. Sie stellt mir eine Frage auf spanisch und ich versichere mich holprig auf englisch, ob ich es richtig verstanden habe und antworte meist hilflos in englisch. Dumm!!!
Sie wählt bewusst ernsthafte und realistische Themen für den Unterricht mit mir, fataler Fehler! Wie soll bitte ich mich ohne wirklich vorhandenes Vokabular ausdrücken? ICH? WO ich doch auch generell mich so leicht tue, mich kurz und knapp in nur wenigen einfachen Worten verständlich zu machen.
Ich schreibe viel mit und bin wirklich gewillt, diese Sprache zu lernen, aber ich finde einfach keinen Zugang. So viel ich auch in meinen Notizen blättere, weil ich mich dunkel erinnern kann, dass wir die suchenden Vokabeln schon einmal hatten, es macht einfach nicht Klick. Ich kann mir die einfachsten Sätze nicht merken und so spreche ich in jeder Situation englisch.
Im Unterricht, an der Bar, im Supermarkt, im Restaurant… es ist auch einfach zu einfach. Jedes Englisch, so schlecht es auch ist, ist alle mal besser als mein spanisch. Zudem bin ich meist in Begleitung von spanisch sprechenden Leuten, da wird die Kommunikation mir gerne auch abgenommen.
Alle haben Verständnis, sagen Dir, dass es Zeit braucht, ich mich nicht unter Druck setzen soll und Step by Step werde ich Besserung spüren. Nein!
Ich spreche nicht und verstehe quasi nix. Meistens habe ich nicht mal eine leise Ahnung.

Wir haben viel probiert und Juliana hatte viele Ideen mir die Sprache näher zu bringen.
Eine Hausaufgabe war zum Beispiel einen Blogpart auf spanisch schreiben. Ha… na gar kein Problem.
Vor lauter Hilflosigkeit zaubere ich Dank Google eine zwar nicht ganz fehlerfreie aber akzeptable Textpassage zu Papier. Es macht Spass, Lerneffekt natürlich äußerst überschaubar um null.
Ich verstehe meine Zeilen, aber auch nur weil ich weiß, was ich vorab auf Deutsch formuliert habe.

Sie druckt mir Texte aus, um mir zu zeigen, dass ich den Kontext verstehen kann, ohne die Worte exakt zu übersetzen. Nein. Zumindest nicht zufriedenstellend.
Sie bringt mir ein spanisches Geo-Magazin mit. Ich lese, mit nur dürftigem Aha-Effekt.
Oder, lernen mit Musik.
Hausaufgabe: Spanischen Song auswählen und immer und immer wieder hören. Text mitlesen und sie versichert mir, am Ende der Woche kann ich einen spanischen Song mitsingen.
Sie täuscht sich. Ich kann den Text schon am 2. Abend!

Ich bin ein Naturtalent und mein ausgewählter Song? Bailando von Loona.
Ehrlich gesagt, der Text hat null Anspruch. Natürlich nicht, und nicht wirklich überraschend. Aber wir haben gut gelacht.
Das Highlight dazu ist, dass mein absoluter Lieblings-Sommer-Sonne-Gute-Laune-Hit aus dem Jahre `98 von Loona, gar nicht von Loona ist.
Den Song gab es in einer etwas steiferen Ausführung bereits 1997 hier in Südamerika. Welch ein Tiefschlag. Wie konnte ich nur so lange mit dieser Illusion leben?

Natürlich war Bailando nur ein Scherz. Ich höre und konzentriere mich auf echte spanische Songs, lese den Songtext immer und immer wieder.
Und natürlich sind auch diese nicht inhaltlich aus der wertvollsten Ecke, aber es geht um Amore und Leidenschaft, Sie will Dich, nein sie will Dich doch nicht, noch ein Tanz, ein Küsschen, Du mein Schmetterling ein Leben lang.
Da lerne ich doch alles was notwendig ist.

Wir schauen Dirty Dancing auf spanisch, leider ohne spanischen Untertitel. Und obwohl ich diesen Film fast frei mitsprechen kann, ist es mir unmöglich die spanischen Dialoge nachzuvollziehen, um daraus etwas zu lernen.

Selbst einfache Sätze bilden, fällt mir schwer. Es ist wie verhext.
Die Tage vergehen rasant schnell.
Aufwachen, Kaffee im Bett, Duschen, Spanisch, Lunch, versuchen irgendwie mir Vokabeln in den Kopf zu zimmern, Hausaufgabe umsetzen, schwupps schon ist Sonnenuntergang, maximal folgt noch ein Dinner und dann ist der Tag auch wieder rum. Ich verzeichne kaum intensiv Zeit für irgendetwas. Selbst Versuche mit dem einen oder anderen ausschließlich in Spanisch zu kommunizieren scheitert. Es ist einfach zu mühsam. Schließlich will man sich ja austauschen und sich unterhalten. Und ich zerbreche daran, schier nicht in der Lage zu sein, mich in einfachen Sätzen verständlich zu machen und auszudrücken, was ich auf deutsch gewillt bin zu sagen.

Die Tage sind auch hier definitiv zu kurz. Ich will die Insel genießen, spanisch lernen, Leute kennenlernen und mich unterhalten, meine Hausaufgaben erledigen, lesen, schreiben, Sonnenuntergang schauen, schlafen. Juliana sagt, es ist ein allgegenwärtiges Phänomen in Holbox und es bedarf einer ausgeprägten Disziplin, die sich vorgenommenen Dinge auch zu schaffen.
Ich arrangiere mich Tag für Tag, aber so ein richtiges Erfolgserlebnis bleibt aus. Auch die stetige Schläfrigkeit lässt nicht nach. So plätschern die Tage vor sich hin und die Wochen vergehen.
Ich freue mich jedes Mal, wenn ich ein bereits mir vertrautes Gesicht treffe und sich ein Plausch ergibt. Mir fehlt der zwanglose Austausch über ernsthafte oder auch belanglose Themen. Trifft man sich in einer Gruppe, geht es meist um Insel Klatsch und Tratsch aus Tagen vor meiner Zeit, oder um Leute die ich nicht kenne. So halte ich mich gepflegt zurück, was habe ich auch beizutragen und bin das stille Mäuschen, in dessen Rolle ich mich nur bedingt zu Hause fühle. Aber noch weniger stell ich mich ungebeten auf die Bühne. Also liebe Fresse halten und warten.

Es gibt so viele unsagbar schöne Plätze auf dieser Insel. Ich liebe es draußen zu sein, am Strand, am Plaza irgendwo… Die im Meer baumelnden Hängematten, Hotelterrassen und Rooftops die zum Relaxen einladen, die vielen Locations am Strand mit Schaukeln und Sitzsäcken. Ich bin unermüdlich Fotos zu schießen und die Sonnenuntergänge berauschen mich innerlich jeden Abend aufs neue.
Man könnte meinen, irgendwann stumpft es ab.
Aber eine wahre Faszination erlischt nicht. Auch nicht nach dem 1000ten Mal und dem abertausendsten Foto.

Mit dem Radl rumzucruisen hat etwas. Mein erster Ritt durch die Pfützen brachte mich direkt zum Absturz inklusive Latschverlust. Zum Glück können die Dinger schwimmen. Nicht, dass ich mich lang gemacht habe, aber diese Unberechenbarkeit der Tiefe dieser Wasserlachen ist schon äußerst tricky. Ich kenne die Straßen nicht, weiß nicht, wie tief sie sind und baue so großen Respekt auf, dass ich primär entscheide, lieber zu laufen… Im Laufe der Wochen, werden die Pfützen abgesaugt, oder trocknen auf Grund der Hitze einfach aus.
Mein von Steffis Freunden geliehenes Fahrrad und ich werden langsam Freunde. Ich finde großen Gefallen daran, geschwind von A nach B zu radeln. Man spart einfach ungemein Zeit und überlegt nicht 3x im Kreis, ob sich der Fußweg jetzt überhaupt lohnt.
Leider konnten wir zwei unsere gemeinsame Zeit nicht mehr lang auskosten, da recht bald Eigenbedarf angemeldet wurde. Also bin ich von nun an wieder zu Fuß unterwegs.

Was gab es sonst noch für nennenswerte Ereignisse in den letzten Wochen.

Ich helfe 2/3 Tage etwas in einem Hostel aus, diverse Zimmer und Bäder müssen gemalert werden, neue Schränke bekommen einen bunten Anstrich, zum Dank gibt es am Abend vor der Wiedereröffnung ein großes Barbecue mit Monsterfisch für alle Helfer und Volunteers. Für eine Freundin spiele Model für nächtliche Fotoaufnahmen mit Lichtspiel, wo final aber nur die Lichter auf dem Bild zu sehen sind. Wir feiern den 2. Geburtstag eines der Kids mit meiner ersten Piñata und begleiten eine Kinderparade zum „Dia de los muertos“, dem Tag der Toten. Ganz zu Beginn gab es einen geselligen Kochabend, Steffi zauberte Massaman Curry und alles schwelgt und schmatzt im 7. Himmel und es gab einen Mädelsabend, wir trafen uns anlässlich eines Geburtstags in „meinem“ Los Peleones und dinnierten zu 7. Huiii alle Mädels heiß zurecht gemacht! Wenn ich mich recht entsinne, konnte sich nur das Kücken noch zum ausgehen aufraffen. 🙂

In nur 2 Tagen lese mein dickes „Urlaubsbuch“ aus und bastel die alten Einträge in meinen Blog.
Da sich die Partyszene in der Low Saison noch sehr verhalten zeigt, belasse ich es bei einem einzigen Versuch, es gibt nichts zu verpassen. Nein… leider ganz sicher nicht.

Ein weiterer Besucher hat sich angekündigt. Ein Freund von Steffi aus der Heimat, gesellt sich zu uns.
Die ersten Tage verbringen wir zu dritt in Holbox, bevor wir aufbrechen und ein wenig auf Reisen gehen.

2 Kommentare

  • Rübchen

    Hach, Frau Mü, was macht es immer Spaß, deine Berichte zu lesen! Ich habe oft das Gefühl, du machst diese ganzen Dinge auch in Stellvertretung für mich. Das, was du siehst und fotografierst, ist auch das, was ich sehr gern mal sehen würde. Diese Sonnenuntergänge, die Strände, kleine familiäre Inseln….
    Also mach weiter so, damit ICH noch möglichst viel erleben kann!!! ?

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